Die Geschichte von der Moorkönigin

von Janina und Jörg Walzenbach

Version 1.1 - 07.01.2011

Bild 1 - Überführungsfahrt mit der Moorkönigin

Inhalt

Vorgeschichte

Das Posemuckel

Die Moorkönigin

Das Moor

Die Superklappe, oder wie man Holz in Torf verwandelt:

Hinterlistig: der Batteriefachdeckel

Neuaufbau

Dichtung und Wahrheit

Aufwand und Kosten

Fazit

Weblinks



Vorgeschichte

Dies ist die Geschichte von der Moorkönigin Die Moorkönigin ist eine Lance 915 Wohnkabine von 2001. Die Sache mit dem Namen wird dann weiter hinten im Text klar. Aber erstmal will ich erzählöen, wie es soweit kommen konnte.

Die Geschichte beginnt irgendwann im April 2008, auf einem Besucherparkplatz am alten Bahnhof in Kingman, Arizona. Wir parkten mit unserem gemieteten Cruise-America-Wohnmobil (rechts im Bild) neben einer veritablen Fullsize-Wohnkabine mit Kellergeschoss auf einem ordnungsgemässen Pickup:

Bild 2 Kingman, Arizona

Das war sozusagen der Wendepunkt unserer Wohnmobilbeziehung Wir hatten uns schon eine Weile mit der Idee eines Wohnwagens oder eines Wohnmobils beschäftigt, und hatten uns daheim in Deutschland auch schon einige Dutzend Grundrisse mit und ohne eigenen Antrieb angesehen, ohne dass uns wirklich etwas davon überzeugt hätte. Der Urlaub mit dem gemieteten Wohnmobil war als Testfahrt gedacht, um herauszufinden, ob uns diese Art des Reisens tatsächlich zusagt. Die Northern Lite auf dem Nachbarparkplatz kam in ihren Grössenverhältnissen unserem Einfamilienhaus daheim schon ziemlich nah. Das würde so in Deutschland wahrscheinlich nicht funktionieren. Aber "Haben Wollen" war in unseren Gesichtern geschrieben, und den restlichen Urlaub nutzten wir, um möglichst viele Informationen über Wohnkabinen im Allgemeinen und amerikanische Wohnkabinen im Besonderen zu sammeln.

Wieder daheim haben wir uns dann erstmal im Pickup-Wohnkabinen-Forum (www.pickup-wohnkabinen-forum.de) registriert und sind prompt nach Laubach zum jährlichen Forumstreffen eingeladen worden. Dort konnten wir eine Reihe von Wohnkabinen besichtigen, eine Menge sehr sehr netter und sehr offener Menschen kennenlernen und waren soger ohne Kabine und ohne Pickup sehr willkommen. Wer in Deutschland eine Wohnkabine sein eigen nennen möchte, ist gut beraten, sich mit diesem Forum bekannt zu machen.

Danach war es dann endgültig zu spät. Das Wohnkabinenvirus hatte von uns Besitz ergriffen. Chronisch und bisher jedenfalls unheilbar.

Dann haben wir erstmal gesammelt: Informationen über Wohnkabinen, Wohnkabinenhersteller, Pickups, gesetzliche Rahmenbedingungen, Anleitungen für den Eigenimport aus USA, Gasanlagenverordnungen, Zulassungsbestimmungen, Kühlschrankhersteller, Hinterachslasten undsoweiterundsofort. Einen ganzen Vormittag liessen wir uns vom deutschen Nordstar-Importeur beraten. Der hat seine Geschäftsräume nämlich in unserer Gegend. Ich bin ihm sehr dankbar und halte grosse Stücke auf ihn. Ich glaube wir hätten auch sofort an Ort und Stelle eine Nordstar gekauft, mit Warmwasserheizung und allem Pipapo. Auch wenn sie ein wenig am grossen Zeh zwickt. Wenn nur die Sache mit dem Portemonnaie nicht gewesen wäre. Billig sind sie nämlich nicht, die Nordstars.

Wir fuhren nach In Bad Kissingen zur Abenteuer Allrad. Dort besichtigten wir alles, was es zu besichtigen gab. Zwei Tage lang. Bad Kissingen ist übrigens ein nettes Städtchen und auch ohne Abenteuermesse ein lohnendes Reiseziel.

Langsam kristallisierte sich schliesslich heraus, was wir eigentlich wollten: einen amerikanischen Fullsize-Pickup, der in unsere Normgarage passt, mit einer "kleinen" amerikanischen Kabine drauf, die die Nutzlast des Pickups nicht übermässig ausnutzt. Man sollte meinen, bei der relativ grossen Auswahl an Pickups und Wohnkabinenherstellern in USA sollte dies nicht allzu schwierig zu finden sein. Tatsächlich passt aber nicht jeder Pickup in unsere Garage und nicht jede Kabine auf jeden Pickup, und es gibt eine Reihe von Rahmenbedingungen zu beachten, die für jeden individuell ein bischen verschieden sind. Wir haben jedenfalls zig Prospekte heruntergeladen und gewälzt und haben ziemlich lange überlegt, was wir nun eigentlich machen wollten.

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Das Posemuckel

Geworden ist es dann im Sommer 2008 ein neuer Chevy Silverado 2500 HD mit kurzer Kabine und langer Ladefläche. Er heisst Posemuckel und passt exakt in die Garage. Ganz exakt. Das Tor muss man beim Schliessen über die Heckstossstange lupfen. Gekauft haben wir den Chevy ganz regulär bei einem deutschen Importeur (www.buesching.de). Beim Eigenimport kann man sicher eine Menge Geld sparen. Oder eine Menge Lehrgeld bezahlen. Jedenfalls haben wir das Lehrgeld einem Händler überlassen.

Bild 3 - das Posemuckel

Direkt beim Kauf wurde noch eine Gasanlage nachgerüstet. Das war alles nicht sehr kompliziert und die ganze Informations-Sammelei hätte man sich sparen können. Stattdessen hätte man aber vielleicht drauf kommen können, dass es viel sinnvoller gewesen wäre, ein komplettes Gespann aus USA rüberzuholen. Weil man nämlich Pickup-Wohnkabinen ohne Pickup darunter verdammt schlecht durch die Weltgeschichte verschicken kann (Adresse draufschreiben + Briefmarke + Briefkasten funktioniert nicht).

Nuja. Mit dem Kauf des Pickups waren die finanziellen Reserven jedenfalls erstmal ziemlich erschöpft. Mithin kam auch mittelfristig der Kauf einer fabrikneuen Wohnkabine nicht in Frage. Also haben wir den Gebrauchtkabinenmarkt beobachtet. Und beobachtet. Und beobachtet. Und festgestellt, dass grosse leichte Kabinen für eine lange amerikanische Ladefläche hierzulande eher selten im Angebot sind. Im Nachhinein ist das nicht so verwunderlich, denn Fullsize Pickups sind hierzulande exotisch, Wohnkabinen sowieso, und das Produkt daraus ist demnach nicht an jeder Strassenecke zu finden.

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Die Moorkönigin

Ende Februar 2009 fanden wir dann, dass es langsam Zeit wurde, tätig zu werden. Man will ja noch was von der Saison mitnehmen, und eine Wohnkabine ist ja auch nicht am nächsten Tag in der Post wenn man sie heute bestellt.

Im Pickup-Wohnkabinen-Forum wird einem in solchen Fällen boshafterweise die Telefonnummer eines Forumsteilnehmers in den USA zugespielt, der so etwas mal eben besorgen und rüberschicken kann. Wer sich mit dem Gedanken trägt, diese Nummer zu wählen, der sei hiermit ausdrücklich gewarnt: Der Mann macht das wirklich. Und er ist sogar ziemlich rührig. Wir wollten eigentlich nur mal so nachfragen wie das so wäre, mit dem Kabinenkauf und dem Verschiffen und den Abwicklungsverfahrensmodalitäten. Eine Stunde später hatten wir im Prinzip unsere Kabine blind gekauft. Aus einer Ebay-Auktion. Eine Lance 915, Modell 2002, mit Klimaanlage und elektrischen Stützen und ansonsten ohne viel Schnickschnack. Tatsächlich hat es ein paar Tage länger gedauert, bis das Gescäft abgewickelt war, aber das Tempo war schon atemberaubend. In dem Zusammenhang darf ich mich bei meiner Hausbank bedanken. Die können, wenn sie wollen. An einem Tag eine Finanzierung abzuwickeln, auszuzahlen und nach USA zu überweisen ist technisch möglich. Keine 6 Wochen später stand das gute Stück - noch Namenlos - in einem kleinen Dorf nahe Wuppertal in der Hofeinfahrt, bereit für uns zur Abholung. Beim Sohn des Mittelsmanns in den USA. Die beiden importieren regelmässig Pickups, ausschliesslich Dodge Ram, und wenn da mal eine Wohnkabine mitkommen kann, ist das um so besser.

Bild 4 - die Moorkönigin in ebay

Die Abholung der Kabine verlief sehr angenehm. Es gibt da draussen wirklich nette Leute, und Michael (alias Propane_Ram) und seine Frau Kerstin (V8Kerstin) gehören allemal dazu.

Michael hat die Torklifts unter den Silverado geschraubt und die Kabinenelektrik notdüftig angeklemmt. Dann hat er mich zum erstenmal mit dem Pickup unter die Wohnkabine dirigiert. Das Ding passt wie angegossen. Aber viel Luft ist auch nicht. Mitten in der Nacht konnten wir dann die ersten Kilometer mit aufgesattelter Wohnkabine über schmale kurvenreiche Landstrassen zurücklegen. Aber auch die Hürde haben wir genommen, und am nächsten Tag konnten wir problemlos mit dem Gespann mit der Lance-Wohnkabine nach Hause fahren und uns über unsere neue Mobilie freuen.

Bild 5 - Abholung Anfang April 2009. Die beiden Bildn im Vordergrund sind die stolzen Besitzer

Und damit sind wir dann so langsam am eigentlichen Anfang der Geschichte von der Moorkönigin. Sie ist genau die Wohnkabine, die wir haben wollten: der Grundriss ist perfekt, nicht zu gross, nicht zu schwer, aber von allem reichlich und vor allem ein Längslieger mit vollwertigem Doppelbett und ordentlicher Nasszelle. Und sie war preiswert, denn niemand ausser uns hatte sie ersteigern wollen.

Bei der Abholung war unser erster Eindruck von aussen gewesen: das Ding ist riesig. Und dann: das Ding muss mal gewaschen werden. Und einige Nähte sollte man mal neu abdichten. Von innen: Sehr ordentlich, alles fast neuwertig. Offenbar hat man sie pfleglich behandelt. Ist ja auch eine Lance, die hält schon was aus. Kann ja gar kein schlechter Kauf sein, so eine amerikanische Ebay-Katze im Sack in ihrer zweiten Karriere auf einem anderen Kontinent unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung.

Nur an einer Stelle sah man seltsam verfärbtes Holz, nämlich beim Öffnen der Gepäckraumtür am Heck. Aber es roch nichts feucht oder modrig, und alles machte einen ganz soliden Eindruck, und ausserdem, und das war in den kommenden Wochen das Wichtigste: Wenn man privat blind eine Wohnkabine in den Staaten einkauft, braucht man sich eh nicht einzubilden, dass man das Ding wieder zurückgeben könnte oder sich für irgendwas irgendeinen Schadenersatz von irgendwem erstreiten könnte. Also gibt es sowieso nur eine Marschrichtung: Vorwärts! Das war uns auch eigentlich vorher klar. Verstanden haben wir es dann, als wir zu Hause angekommen waren und uns das alles mal näher ansehen konnten.

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Das Moor

Der Boden neben der Eingangstür war irgendwie druckempfindlich. Ähnlich weich wie im schonmal genannten angrenzenden Gepäckfach. Das mit dem etwas rottig aussehenden Holz hinter der Tür, man wird sich erinnern, dass das oben schonmal erwähnt war. Ein Schnitt mit dem Cuttermesser in den Bodenbelag brachte die unschöne Gewissheit: Hochmoor. Kompost. Mulch. Torf. Pilzzucht.

Bild 6 - der Boden war etwas weich...

Letztlich waren die gesamten hinteren 30 cm des Kabinenbodens kompostiert. Und zwar so gründlich, dass man sie direkt auf den Komposthaufen befördern konnte. Ohne Werkzeug. Auf der Beifahrerseite mehr, auf der Fahrerseite weniger. Der Hauptschuldige war offenbar die Klappe des Gepäckraums im Heck, deren Abdichtung oben abgerissen war, und die das Wasser ungehindert in die Konstruktion laufen liess. So, wie das Holz aussah, muss diese Stelle bereits sehr lange undicht gewesen sein.Weitere Problemzonen, die sich während der Demontage zeigten, waren die identisch konstruierte Klappe des Gaskastens an der Beifahrerseite und der Batteriefachdeckel auf der Fahrerseite, der von innen her undicht ist. Und die Rücklichter. Und möglicherweise noch andere. Die Eingangstür wiederum scheint übrigens dicht gewesen zu sein, beherbergte in ihrem Rahmen aber einen wunderschönen Pilz.

Im sehr hilfreichen Truckcamper-Forum von www.trailerlife.com hatte ich ausserdem zwischenzeitlich (das heisst: zu spät) gelesen, dass die seitlichen Schürzen (Side Skirts) gerne kompostieren (http://www.rv.net/forum/Index.cfm/fuseaction/thread/tid/20593577.cfm). Weil sie nämlich aus verrottungsfreundlichem Weichholz in Verbindung mit leicht vermulchbarem OSB hergestellt sind. Der geniale Konstrukteur hat den Aufbau derart optimiert, dass viele, lange, empfindliche Nähte und Sicken das Wasser hineinlassen können, aber nicht wieder heraus. Kurzum: Die seitlichen Flügelchen waren ebenfalls kompostiert. Weg. Nicht mehr da hinter ihrer Aluminiumverkleidung. Speisereste eines Festessens für Pilze.

Bild 7 - die Seitenschürze konnte von Hand demontiert werden

Bild 8 - Grillen mit der Moorkönigin

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Die Superklappe, oder wie man Holz in Torf verwandelt:

Bild 9 - Befestigung der Gepäckraumklappe

Die Illustration zeigt links den Wandaufbau im Schnitt. Eine Tragkonstruktion aus Holz ist mit Glaswolle ausgefacht. Aussendrauf kommt eine Lage Styropor. Darauf eine Lage Aluminiumblech. Die Klappe ist von aussen eingesetzt. Als Dichtung gibt es eine Art Moosgummi- bzw. Schaumstoffband. Die äussere Fuge ist dann mit Silikon abgedichtet.

Befestigt ist der Rahmen der Klappe nur mit vier Schrauben in den Ecken - aber keineswegs gegen die Aussenwand geschraubt, sonden in die Öffnung eingespannt.Wenn die äussere Silikondichtung abreisst, was bei dieser Art der Konstruktion recht schnell passieren dürfte, kann alles Wasser, das an der Kabinenrückwand herunterläuft, zwischen Klappe und Aluminiumverkleidung hindurch in die Wandkonstruktion und den Kabinenboden laufen. Dort gibt es dann keine Möglichkeit zum Abtrocknen mehr. Der Querträger unter der Tür ist allseitig dicht eingepackt. Was dort hineinsickert bleibt drin.

Generell ist das Gepäckfach (und viele andere Ecken) eher nachlässig abgedichtet. Die vordere Wand des Gepäckfachs, die während der Fahrt voll im Spritzwasser sitzt, hatte z.B. weitere Löcher und Fugen, die offfenbar nie vernünftig abgedichtet waren.

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Hinterlistig: der Batteriefachdeckel

Bild 10 - Konstruktion des Batteriefachdeckels

Besonders perfide ist es, wenn der Rahmen eines Faches zwar aussen dicht ausgeführt ist, aber das Fach selbst nicht 100% dicht ist und der rückseitige Anschluss des Fachs Wasser durch lässt, das gerne wieder aus dem Fach raus möchte. Eindringendes Wasser wird dann nämlich von hinten in die Konstruktion geleitet. So zum Beispiel beim Batteriefach. Hier war deutlich zu sehen, dass offenbar in das Fach öfter Wasser eintritt - was auch nicht schlimm wäre, denn das Fach ist ein wasserdichtes Kunststoffteil. Leider lief das Wasser nicht nach draussen ab, sondern wurde an der inneren Unterkante von einer defekten Silikondichtraupe durchgelassen. Dieses Leck ist wahrscheinlich bei der Moorkönigin für das Ableben der linken Schürze verantwortlich. Dort konnte man deutlich erkennen, dass das Wasser von oben eingedrungen war. Das Batteriefach sitzt direkt darüber. Die Unterkonstruktion dort war auch offenbar öfter feucht, konnte aber immer wieder abtrocknen, da dahinter ein relativ grosser, offener Hohlraum liegt. Daher gab es dort noch keine strukurellen Schäden.

Solche heiklen Konstruktionsdetails finden sich an unserer Moorkönigin häufig. Das soll nicht heissen, dass diese spezielle Kabine besonders nachlässig gebaut wäre. Im Gegenteil, an vielen Stellen kann man sehen, dass die Leute bei Lance sehr handwerklich, fast schon liebevoll zu Werke gehen. Und was die Nutzung des Raumes angeht, ist die Kabine extrem durchdacht aufgebaut. Lance hat auch eigentlich keinen schlechten Ruf und man kann davon ausgehen, dass man hier zumindest durchschnittliche Qualität für sein Geld bekommt. Aber diese Bauweise war Anfang des Jahrtausends immer noch Stand der Technik, und wesentlich weiterentwickelt hat sie sich seitdem auch nicht. Es gibt heute noch in den USA reichlich Kabinen zu kaufen, die nach demselben Prinzip aufgebaut sind. Die Konstruktion funktioniert auch wirklich wunderbar, solange sie dicht ist. Und sie ist preiswert herzustellen, leicht und stabil.

Allerdings ist auch bei unserer Moorkönigin nicht jedes Detail liebevoll ausgeführt. Wo man nicht hinsieht, hat man bei Lance auch geschludert, wie man an dieser wenig exakten Kabeldurchführung zur linken Rückleuchte sehen kann. Offenbar wurde das Loch einfach per Hammerschlag hergestellt. Es ist nicht das einzige seiner Art...

Bild 11 - Bohrmaschine verlegt? Loch hinter der Rückleuchte

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Neuaufbau

Nun musste der Sumpf trockengelegt werden. Dazu musste alles raus, was morsch war. Leider hatte es auch den hintersten, untersten Querträger im Kabinenboden dahingerafft. Es muss einiges demontiert werden, um diesen Träger herauszunehmen, denn er ist an allen Seiten umbaut und trägt die hintere Stossstange und Teile der Abwasseranlage.

Bild 12 - Schnittmuster: an der Unteren Ecke des Querträgers haben wir das Aussenblech durchgesägt

Am besten würde man dazu auch die hintere Stossstange abbauen, denn die Aussenverkleidung ist zwischen dem fraglichen Balken und der Stosstange eingeklemmt. Und die Aussenverkleidung muss auf alle Fälle erstmal runter, wenn man dort etwas reparieren will. Zum Abbau der Stossstange müsste aber einer der Abwassertanks raus, der darunter aufgehängt ist. Das würde wiederum bedeuten, dass man die gesamte Verrohrung des Abwassersystems auseinandernehmen müsste. Und die ist sorgfältig vergossen, kann also nicht ohne Beschädigung zerlegt werden.

Alternativ kann man die Aussenverkleidung an der Unterkante auftrennen und abbauen. Dann kann man den maroden Balken von hinten und oben gut erreichen. Den Schnitt muss man natürlich später mit einer Leiste verdecken und ordentlich abdichten. Nach einiger Überlegung habe ich mich für diesen Ansatz entschieden, auch wenn man so nicht ganz optimal überall drankommt. Aber die Aussicht, auch noch das Abwassersystem zersägen und mit Neuteilen wieder zusammenbauen zu müssen, hat mich abgeschreckt.

Bild 13 - damit kann man Löcher in alles sägen. In alles.

Beim Zerlegen hat sich ein "Fein Multimaster" als geniale Erfindung erwiesen. Damit, und mit einem Hammer und zwei Stechbeiteln, konnte ich den morschen Balken entfernen und den beschädigten Teil des Fussbodens sauber heraustrennen. Mit diesem Werkzeug kann man auch problemlos "Inspektionsöffnungen" in die Innenverkleidungen der Kabine sägen, wenn man gerne wüsste, wie es dahinter aussieht. Ein aufgeschraubter Deckel an einer unauffälligen Stelle ist sicher leichter zu ertragen als die Ungewissheit, ob sich dahinter erfolgreich Pilze vermehren.

Für den Neuaufbau wollten wir verrottungsresistenteres Holz besorgen. Auch wenn die Kabine nachher natürlich dicht sein wird. Schaden kann es ja nicht, wenn man für alle Fälle vorsorgt. Eine Überraschung erlebten wir dann allerdings beim Holzfachhandel: Es gab nur Nadelholz oder Tropenholz (Bangkirai), und Letzteres nur in Abmessungen für Terrassendielen. Nun gut, Bangkirai ist schwer und teuer aber dafür wenigstens sehr verrottungfest. Und den hinteren Querbalken möchte ich bitteschön nie wieder wechseln müssen.

Die Tragkonstruktion am Heck wurde also aus Bangkiraistücken wieder zusammengebastelt. Jede Menge Stahlwinkel und zig Schrauben halten jetzt das Heck der Moorkönigin in Form. Ach ja, und Sikaflex. Eigentlich sollte das ganze Ding am Stück aus Sikaflex gegossen werden, dann wärs wenigstens dicht...

Bild 14 - beide Seitenschürzen und der Querträger sind raus

Das morsche Sperrholz mit dem die Unterseite der Kabine verkleidet ist wurde mit einer Lage Glasfasermatte verstärkt. Normalerweise bin ich kein grosser Freund solcher Reparaturtechniken. Aber es wäre unverhältnismässig gewesen, hier alles zu zerlegen.

Die enstehenden Hohlräume wurden neu mit Styropor gefüllt. Anschliessend kamen passgenaue Bodenstücke aus Sperrholz (statt OSB) an ihren Platz. Die Hohlräume wurden vorher von innen mit Holzschutzmittel gestrichen, alle Kanten mit Sikaflex versiegelt.. Die Hoffnung dabei ist: Je mehr Hindernisse sich dem Wasser in den Weg stellen, desto eher wird es draussen bleiben. Ob es was nützt, sehen wir in 10 Jahren.

Noch schnell eine neue Aussendämmung aufgebracht, und schon kann die mühsam von allen Dichtungsresten gereinigte Alu-Aussenhaut wieder angebracht werden.

Bild 15 - es geht aufwärts; das Heckblech ist schon wieder dran

Die aufgesägte Unterkante wird in jetzt von einer Aluminiumleiste verdeckt und abgedichtet. Ab Werk ist die Aussenhaut hier unter den Kabinenboden abgekantet und mit der Stossstange festgeklemmt.

Der alte Bodenbelag war bei der Demontage teilweise entfernt worden und wird jetzt im sichtbaren Bereich komplett ersetzt. Dazu müssen erstmal alle Reste raus. Der Boden war aus einer Art kunststoffbeschichtetem Karton und vollflächig mit dem Kabinenboden aus OSB verklebt. Beim Herausnehmen des Bodenbelags verbleibt der Karton zu 80% auf dem Boden, zusammen mit dem sehr klebrigen Klebstoff. Die Reste habe ich in mühevoller Kleinarbeit mit meinem geliebten Multimaster abgekratzt. Im Nachhinein hätte ich besser den alten Boden drin gelassen und in Heckbereich eine zusätztliche Lage Karton in gleicher Stärke unter dem neuen Boden verlegt.

Bild 16 - der neue Bodenbelagt; Fussleisten fehlen noch

Der neue Belag ist ein handelsüblicher PVC-Boden vom Baumarkt. Er wird mit passendem Kleber verklebt. Die ursprünglichen Kederleisten werden später durch schmale Zierleisten aus Holz ersetzt.

Die Schürzen (Side Skirts) entstanden neu aus GFK-Verbundplatten. Die könnten zwar immer noch Wasser ziehen, aber verrotten werden sie so schnell nicht. Das Material war ein Reststück von einem ortsanssässigen LKW-Karosseriebauer, der sich unsere Baustelle angesehen hatte. Die Verbundplatten wurden anhand der vorhandenen Aluminium-Seitenverkleidungen passend zugeschnitten und mit einer umlaufenden Kunststoffleiste versehen. Diese wird gebraucht, damit später die Kantleisten wieder festgeschraubt werden können, die das Aussenblech festklemmen.

Bild 17 - Skirts, Tür, Klappen - die Moorkönigin wächst wieder zusammen

Die Klappe vom Gepäckfach war der Hauptübeltäter für den Sumpf in unserer Kabine. Um sie dicht einzubauen, habe ich rundum Löcher gebohrt und sie direkt gegen die Rückwand geschraubt. Zwischen dem Klappenrahmen und der Kabinenaussenwand ist ein Streifen aus dauerplastischer Knetmasse, die durch den Druck der Schrauben kräftig zusammengedrückt wird.

Bild 18 - das Gepäckfach vor der Operation - der Boden ist schon entfernt

Auch die Klappe für den Gaskasten wurde ausgebaut, gereinigt und in derselben Weise neu abgedichtet wieder eingebaut.

Bei einigen Klappen besteht die Gefahr, dass Wasser in das Fach dahinter eindringt und dann von Innen in die Unterkonstruktion gelangen kann. Vor allem beim Gaskasten, beim Batteriefach und bei der Kühlschrankklappe. In diesen Fächern habe ich an der Unterkante innen zusätzliche Profilleisten angebracht, die verhindern sollen, dass Wasser in die Konstruktion der Kabine hineinläuft.

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Dichtung und Wahrheit

Nachdem nun alle Schäden beseitigt waren, musste die Kabine in grossen Teilen neu abgedichtet werden. Mit UV-beständigem Sikaflex sollte das auch dauerhaft gelingen. Aber wie bringt man das Zeug in die Nähte und Sicken, ohne es über die ganze Oberfläche zu verteilen? Frühere Experimente mit Silikon, Acryl und anderen Dichtmassen waren mir da in keiner guten Erinnerung. Und die Moorkönigin sollte möglichst besser als neu aussehen.

Ich habe mich ein wenig im Web umgesehen, aber ohne viel Nützliches zu erfahren. Von Sika gibt es ein spezielles Abglättmittel, das vermutlich gut funktioniert. Das Problem ist meiner Erfahrung nach aber schon darin begründet, dass man mit den normalen handbetriebenen Kartuschenpressen das Dichtmittel nur sehr ungenau dosieren kann. Profis haben dafür teurere Pressluftpressen, mit denen sich das Dichtmittel sauber dosieren lässt, und mit denen man beliebig lange, gleichmässige Nähte ohne abzusetzen ziehen kann. Als Nicht-Profi hatte ich sowas aber nicht, und mein Spezialwerkzeugbudget war schon reichlich überschritten.

Die Rettung war schliesslich ein Werkzeug für ungefähr 1,50 EUR:

Bild 19 - Wundermittel: Abzieher von Max-Dicht

Das Ding wird speziell zum Glätten von Dichtungsfugen verkauft, sieht aber verdächtig nach einem Küchenutensil aus. Egal wie, es hat seinen Zweck sehr gut erfüllt. Sikaflex haftet daran nicht besonders gut. Ich konnte alle Nähte beidseitig abkleben, verfüllen und mit diesem Abzieher glattziehen. Das Ergebnis war überwiegend sehr akzeptabel. Aber das Abkleben ist zeitaufwändig, und man sollte auf alle Fälle einen ausreichenden Vorrat an Klebebändern bereit halten. So eine Kabine hat eine Menge Nähte, und die müssen von beiden Seiten ordentlich abgeklebt werden. Als Klebeband eignet sich Isolierband oder wegen seiner scharfen Kante normaler Tesafilm (der allerdings schlecht zu sehen ist). Auch Malerkrepp geht ganz gut, ergibt aber nicht ganz so saubere Kanten beim Abziehen.

Bild 20 - einen ganzen Tag gedichtet, und die Kabine sieht wieder aus wie'n Gedicht

Diese Methode hat für mich gut funktioniert. Wenn einer einen einfacheren Trick kennt, so mag er sich bitte melden.

Abglättmittel hatte ich übrigens auch ausprobiert. Das funktionierte im Prinzip gut, wurde aber problematisch, sobald zu viel Dichtmasse in der Naht war und diese irgendwie abgenommen oder verteilt werden sollte. Grundsätzlich glaube ich, dass das Arbeiten mit Sikaflex vor allem eine Frage der Erfahrung ist - und die muss nunmal jeder selber sammeln.

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Aufwand und Kosten

Insgesamt sind zum Kaufpreis der Kabine gut 1500 Euro Materialkosten für die Reparatur dazugekommen. Das waren Dichtstoffe (Sikaflex, dauerplastische Knetmasse), Holz (Bangkirai, Sperrholz), neue Schrauben (teilweise rostfrei), ein neuer Bodenbelag, Styropor, und jede Menge Kleinigkeiten. Eingerechnet sind dabei auch 300 Euro für einen Fein Multimaster. Der hat aber seine Kosten über das erhöhte Arbeitstempo und die bessere Motivation wieder mehr als wett gemacht.

Ausserdem brauchten wir noch eine neue Matratze und weiteres Bettzeug, das beim Kauf nicht dabei war. Die Matratze fand sich bei ebay, der Hersteller sitzt sogar bei uns in der Region.

Auch neue Vorhänge waren nötig. Der alte Stoff vertrug keine schonende 30-Grad Wäsche mehr. Die Vorhänge der beiden kleinen Seitenfenster waren offenbar vom Sonnenlich so zermürbt, dass sie völlig zerfetzt aus der Waschmaschine kamen.

Die Sitzpolster haben wir abgezogen und ebenfalls gewaschen. Die Polster waren insgesamt in einem guten Zustand, so dass hier kein weiterer Handlungsbedarf bestand.

Der Gesamtaufwand war beträchtlich höher als wir uns das vorgestellt hatten. Insgesamt sind über 200 Arbeitsstunden in das Projekt Moorkönigin geflossen, bevor wir zum ersten Mal damit verreisen konnten. Und dabei fehlen immer noch die Anpassung der Elektrik und der Gasanlage.

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Fazit

Was soll man kaufen? Amerikanische Wohnkabinen oder europäische? Holz oder Alu oder Verbundwerkstoff oder GFK? Oder gleich ein Standard-Hymer-Pössl-Sonstwas-Wohnmobil? Oder doch was ganz anderes?

Ich glaube nicht, dass ich dazu einen Rat geben kann. Wer sich inder Szene ein wenig umhört und die entsprechenden Foren frequentiert, der wird feststellen, dass es mit allen Produkten Probleme geben kann. Auch eine Bigfoot-Kabine aus GFK kann einen saftigen Wasserschaden haben, ebenso wie Nordstar und alle anderen. Meine persönliche Meinung ist, dass die Pflege und Wartung und die Art der Benutzung sehr viel mehr Einfluss auf den Zustand einer Wohnkabine haben dürften als das Konstruktionsprinzip. Ich war und bin nicht wirklich begeistert von der Idee, eine Wohnkabine aus billigem, leichtem Holz zu bauen. Aber auch alle anderen Materialalternativen haben ihre Nachteile (z.B. Gewicht, Preis, Reparaturfreundlichkeit). Und eindringende Feuchtigkeit, die nicht bemerkt und abgestellt wird, wird bei allen Materialien mittel- bis langfristig zu Problemen führen.

Ich glaube auch nicht, dass man ein so komplexes Produkt wie eine Wohnkabine dauerhaft dicht konstruieren kann. Es wird sicher immer notwendig sein, die Dichtigkeit regelmässig zu überprüfen und gegebenenfalls auf Verdacht nachzudichten.

Aber bei allen Konstruktionen, die ich bisher selbst gesehen habe, war es nicht einfach, Undichtigkeiten zu bemerken. In unserer Moorkönigin gab es einen grossen Wasserschaden und mehrere Undichtigkeiten, von denen man nichts bemerkt hat. Es roch nicht ungewöhnlich und es gab keine offensichtlichen Wasserflecken. Die Verwendung von kunststoffbeschichtetem Holz ermöglicht es, dass grosse Teile der Wohnkabine völlig im Verborgenen verrotten können. Nur durch die Demontage von Teilen war es möglich, zu prüfen, ob bestimmte Stellen der Konstruktion feucht oder trocken waren. Hier würde ich mir wünschen, dass sich die Kabinenhersteller ein Konzept überlegen, mit dem man die neuralgischen Stellen einer Kabine einfach prüfen kann.Wenn auf diese Art die typischen Problemzonen einfach zugänglich wären, könnte man viele Schäden vermeiden. In der Moorkönigin habe ich im Inneren an einigen Stellen "Inspektionsöffnungen" in die Innenverkleidung geschnitten, damit ich sicher sein konnte, dass keine weiteren versteckten Probleme vorlagen.

Und gerade die amerikanischen Kabinen könnten in einigen Punkten etwas sorgfältiger durchkonstruiert sein. An der Moorkönigin habe ich jedenfalls diverse Ansatzpunkte zur programmierten Selbstzerstörung gefunden. Eine Klappe von 60 x 40 cm kann man z.B. nicht wirklich mit 4 Schrauben in einen Holzrahmen spannen, mit Moosgummiband und etwas Silikon abdichten und erwarten, dass dies über Jahre dicht bleibt.

Doch ist es garde die einfache, oft sehr handwerkliche und im Grunde sehr robuste Konstruktion der Kabine, die uns an der Moorkönigin begeistert. Wir würden wieder eine amerikanische Kabine haben wollen. Ich würde sie aber wahrscheinlich nicht mehr blind kaufen. Das Geld und die Zeit für die Reparatur wären hätte man auch in eine USA-Reise investieren können. Ob wir dann dort aber die perfekte Kabine gefunden hätten, weiss man nicht. Jetzt, nachdem ich die Moorkönigin einmal von oben bis unten mit dem ganz feinen Kamm inspiziert habe, wüsste ich, worauf ich achten muss. Vor zwei Monaten hätte ich es vermutlich so wenig gewusst wie die Vorbesitzer - ein Ehepaar in den Siebzigern, die mir später sehr glaubhaft versicherten, dass sie von dem Wasserschaden selbst nichts wussten.

Abgesehen davon: die Moorkönigin ist die Kabine, die Janina und ich wollten. Etwas Vergleichbares gibt es für uns nicht aus europäischer Herstellung. Und damit hat sich die Diskussion dann sowieso erledigt. Wir haben das bekommen, was wir haben wollten und verdient haben, und jeder andere muss selber herausfinden, was für ihn das Richtige ist.

Wir sind jedenfalls froh mit unserer Moorkönigin.



Für Fragen, Hinweise und Tipps stehen wir gerne jederzeit zur Verfügung unter

joerg <at> walzenbach <punkt> de

janina <at> walzenbach <punkt> de



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Weblinks:

Fein Multimaster - www.fein.de

Knetmasse - www.korrosionsschutzdepot.de

Sikaflex und andere Dichtmaterialien: www.max-dicht.de

Pickup-Wohnkabinen-Forum: www.pickup-wohnkabinen-forum.de

Trailerlife Forum (englisch): www.trailerlife.com/cforum/Index.cfm



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